Wie zieht man mit Hilfe von Kompassen parallele Linien? Gar nicht, denn "compasses", mein unbekannter false friend, heißt Zirkel. Und mit dividers, den Stechzirkeln, musste sich auch Thomas Jefferson behelfen, bevor er kariertes Papier in Frankreich entdeckt hatte. Jefferson und sein Papierschatz! Was war davor? Wieso konnte er den überhaupt in den Händen halten? Und was musste geschehen, damit Du kariertes Papier heute einfach nachkaufen kannst, wenn Dein Vorrat alle ist.
Meine anfängliche "magische" Verwirrung über die Kompasse war also schnell aufgelöst. Aber als ich dann Jeffersons Brief las, kam ich aus dem Staunen erst recht nicht mehr raus.
Dieser Kontrast – ein simples Raster als Werkzeug für so komplexe Gedanken – machte es für mich erst richtig spannend. Lies gleich selber! Und wenn Du Notizen zu diesem Artikel auf kariertem Papier machen möchtest, kommst du über den folgenden Block zu unseren karierten Vorlagen zum Ausdrucken.
Karierte Lineaturen bestehen aus einem gleichmäßigen Raster aus horizontalen und vertikalen Linien, wodurch eine Struktur aus kleinen Quadraten entsteht. Diese Kästchen dienen als Orientierungshilfe beim Schreiben, Rechnen, Zeichnen oder Anfertigen von Tabellen und Diagrammen.
Kästchengröße, Farbe, Linienstärke und Ränder können mit PapierVorlagen.de individuell angepasst werden.
"I send for your acceptance some sheets of drawing-paper, which being laid off in squares representing feet or what you please, saves the necessity of using the rule and dividers in all rectangular draughts and those whose angles have their sines and cosines in the proportion of any integral numbers. Using a black lead pencil the lines are very visible, and easily effaced with Indian rubber to be used for any other draught."
Das oben zitierte schrieb Thomas Jefferson (* 1743 † 1826) im Jahre 1791 an den Astronom und Erfinder David Rittenhouse. Er schwärmte also davon, dass man die Einteilung als beliebige Skala verstehen kann und wie viel einfacher es dann sei, Entwürfe anzufertigen, wenn man es rechtwinklig wolle: ohne Stechzirkel und Lineal.
Dann wird es erst mal kompliziert: Karopapier als perfekt geeignet für Entwürfe mit Winkeln deren Cosinus oder Sinus irgendwie so sind, dass sie in ganzzahligen Verhältnissen zueinander stehen. … oder so. Das hat mich schwer beeindruckt. Da müsste ich erst mal mein Mathewissen wieder rauskramen, um dahinter zu kommen, was er damit meinte. Dann würde vielleicht auch die Übersetzung besser… Ich lasse die Übersetzung jetzt so, aber es hat mich gepackt und ich habe die Rädchen in meinem Kopf ein bisschen drehen lassen. Was ich herausgefunden habe: weiter unten.
Im Zitat folgt nämlich glücklicherweise auch gleich wieder eine leicht verständliche Anleitung. Wenn man das Karopapier mit einem schwarzen Bleistift verwendet, kann man die Linien seiner Entwürfe sehr gut sehen. Und aber auch einfach mit einem Radierer aus indischem Gummi wieder löschen. Um: jetzt kommt’s: um das Papier dann für irgendeinen anderen Entwurf wiederverwenden zu können.
Ja, das Papier war für ihn sehr wertvoll. Die Vereinfachung der Darstellung von Entwürfen und die Einfachheit der Nutzung des karierten Papiers hatten es ihm angetan. Und so wie es sich für einen guten Freund gehört, gab er Rittenhouse davon ab.
Nachdem ich jetzt noch eine Nacht darüber geschlafen habe, kam es mir auch wieder. Sinus, das ist doch Länge der Gegenkathete geteilt durch Länge der Hypotenuse und beim Cosinus Ankathete durch Hypotenuse. Und klar, wenn die in einem ganzzahligen Verhältnis zueinander stehen, dann kann ich bei rechtwinkligen Dreiecken die beiden Schenkel auf dem Raster abtragen. Für die Hypotenuse muss ich dann nur die beiden Endpunkte verbinden. Vielleicht hat er das gemeint?
Ausschnitt aus dem faszinierenden Brief von Jefferson an Rittenhouse zum karierten Papier.Jefferson selbst hatte jedenfalls das karierte Papier 1784 auf einer Reise in Paris kennengelernt und mit nach Amerika genommen. Ein paar Exemplare seines Papierschatzes sind sogar erhalten.
Das Papier von Jefferson war wahrscheinlich ähnlich wie unser heutiges Millimeterpapier unterteilt, nur dass das einzelne kleinste Quadrat eine größere Seitenbreite als 1 mm hatte. Die Unterteilung der Fläche durch dickere horizontale und vertikale Linien erscheint mir im Raster von je 5 Karos. Aber ganz sicher bin ich nicht, die Auflösung des Bilds seines Karopapiers im Internet ist leider sehr schlecht.
Ich glaube, dass ich so schwer beeindruckt davon war, was für auf den ersten Blick komplizierte Sachen Jefferson gezeichnet haben muss, liegt daran, dass ich mich als Vergleich hergenommen habe: Mein Matheunterricht liegt schon ewig zurück. Und Jefferson war richtig gut in Architektur. Die schlauen Köpfe zu jener Zeit hatten aber allgemein schon ein extremes Wissen erarbeitet.
Als ich nach Infos für diesen Artikel gesucht habe, wollte ich ursprünglich wissen:
Aber sorry, ich bin mittlerweile der Meinung, dass es darauf keine richtige Antwort gibt. Ich musste meine Frage also umformulieren. Aber auch: “Seit wann gibt es eigentlich kariertes Papier” war noch nicht ausreichend umformuliert, denn auch hier habe ich nichts gefunden, was ich nicht auch gleich wieder hinterfragt habe. Somit habe ich mit mit folgender Frage beschäftigt:
In dem Zusammenhang wollte ich auch unbedingt für mich klären, ob kariertes und liniertes Papier sich parallel entwickelt haben.
Und Achtung: für uns klingt es heutzutage logisch zu fragen "seit wann gab es liniertes oder kariertes Papier?" Und tatsächlich haben Foristen Bilder von Briefen von vor 1900 ausgetauscht, die sowohl auf liniertem (1849) wie auch kariertem Papier (1874) geschrieben wurden.
Aber ich bin bei meiner Recherche zum Ergebnis gekommen, dass die ursprünglichen Entwicklungen dieser beiden Papierprodukte nicht über einen Kamm zu scheren sind.
Kariertes Papier diente ursprünglich nicht primär dem Schreiben. Genauer konnte ich zwei komplett verschiedene Nutzungsrichtungen recherchieren; und für beide waren Karos einfach total praktisch.
Und so ist das ja auch noch heute. Bei Jefferson haben wir klar den wissenschaftlichen bzw. Architekten-Zweig gesehen. Voll interessant ist aber, dass die künstlerische Nutzung zuerst populärer war.
Interessiert Dich der künstlerische Zweig ganz besonders, dann lies doch auch meinen Artikel, der sich um Karos in Kunst und Design dreht.
THE MET hat eine Art kariertes Notizbuch, das vermutlich 1596 in Deutschland hergestellt wurde. Bestimmt war es auch nicht das Erste, aber dieses gab es definitiv.
Der Käufer dieses Buchs hat es kreativ gestaltet. Mehr dazu erfährst Du im Artikel So cool ist Dein Pixelart-Hobby: 3½ historische Fakten zu kariertem Papier zum Angeben. Gleich kommt aber auch hier schon eine Doppelseite. Wie gesagt, ursprünglich war nur der Karodruck, die Muster (hier mit den Göttern) kamen danach per Hand.
Was ich total praktisch finde, ist die Umrandung um die karierte Fläche der Seite. Denn wenn man genauer hinschaut, sieht man: die Unterbrechungen und Kerben sind wie ein Lineal. So kann man blitzschnell zählen. Aus meiner Sicht ist somit bereits das Rasterpapier, das primär der Kunst gedient hat, gar nicht so weit entfernt von der Darstellung des 1. Quadranten eines Koordinatensystems.
Kariertes Notizbuch aus dem Jahr 1596. Der Rahmen um die karierte Fläche ist unterbrochen. Bei einer genaueren Analyse sind die Unterbrechungen nicht willkürlich, sondern die durchgehenden Unterbrechungen sind im 10er-Raster und die Halbierung ins 5er Raster erfolgt mit kleinen Kerben. In der Höhe ist die Fläche ein ganzzahliges Vielfaches von 10, nämlich 110 Karos, aber in der Breite sind es über die 2 Seiten 155 Karos.Das Blanko-Karo-Buch wurde mit der Holzschnitt-Technik, ähnlich dem Linolschnitt oder auch dem Kartoffeldruck gedruckt. Und ich muss sagen, ich finde die Abstände und Geradlinigkeit der Linien des Rasterpapiers angesichts der Technik echt beeindruckend!
Gerne hätte ich noch mehr zu diesen karierten Notizbüchern rausgefunden. Weißt Du noch mehr? Dann lass es mich wissen und ich ergänze den Artikel.
Auf jeden Fall sah dieses Papier anders aus als das von Jefferson, das ja mehr unserem heutigen Millimeterpapier ähnelte. Und es ist älter. Ein Patent lag dem aber wohl noch nicht zugrunde. Denn wann das kam, erfährst Du, wenn Du dran bleibst.
In diesem Artikel bleibe ich nun bei der früheren wissenschaftlichen Verwendung von Karos. Letztlich war es möglicherweise dieser Zweig, der es ermöglicht hat, dass wir heute Papier nicht wieder ausradieren müssen, sondern wegwerfen können.
Sowohl die alten Ägypter als auch die alten Griechen hatten einiges auf dem Kasten und es sind Fundstücke erhalten, die klar zeigen, dass sie sich mit geometrischen Fragestellungen beschäftigt haben. Für die Ägypter gibt es dazu eine Veröffentlichung: “Diagrams in ancient Egyptian geometry: Survey and assessment”. Die Verwendung von Papyrus (Papyrus ist übrigens kein Papier!) war herausfordernd und in diesem Kontext sind die überlieferten Abbildungen beeindruckend. Der Fokus lag dennoch nicht auf einer maßstabsgetreuen Skizze, sondern es ging um die Visualisierung der Fragestellung.
Wie im Artikel zu Karos in Kunst und Design bereits erwähnt, datiert die Verwendung des Quadratnetzes zum proportionsgerechtem Gestalten von Kunst z.B. in Gräbern extrem weit zurück. Daher vermutete Bea Lumpkin, dass es für die Ägypter nur ein kleiner Schritt war, das Quadratraster zu nutzen, um dort Koordinatenpunkte einzuzeichnen. So ein Nachweis datiert bereits von etwa 2.700 vor Christus, also noch früher, als das Quadratnetz für die Verzierung der Gräber zum Goldstandard wurde. Aber bevor etwas zum Goldstandard wird, muss es ja auch schon genutzt werden.
Es war kein Papier, sondern ein Ostrakon. Auf diesem Kalksteinplättchen ist zu sehen, was heute als Saqqara Graph bekannt ist: eine einfache, ziemlich sicher architektonische, Zeichnung in einer Art Koordinatensystem.
Bestimmt haben sehr viele schlaue Köpfe die Vorteile von Karos als vorgegebenen Hintergrund für die Visualisierung von Daten erkannt und auch genutzt. Aber es ist wohl auch immer die Frage, ob sich diese Infos heute noch finden und für Euch zusammentragen lassen. Das folgende habe ich gefunden:
Ja, den Brief von Jefferson von 1791 hatten wir schon oben. Da hatte er ja Papier ähnlich unserem Millimeterpapier mit Rittenhouse geteilt und erklärt, wie man es wiederverwendet.
Mit meinem Millimeterpapier war ich zu Schulzeiten auch sehr knausrig, das weiß ich noch. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich es wieder ausradiert habe, um es noch einmal zu verwenden. Denn glücklicherweise ist kariertes Papier heute nicht mehr ganz so rar und wertvoll.
Buxton, aus England, vielleicht mit Doktor-Titel, wird der Beginn der Kommerzialisierung des karierten Papiers zugeschrieben. Er hielt wohl seit 1794 oder 1795 (die Angabe habe ich auch gefunden) ein entscheidendes Patent. Über dieses Patent konnte ich aber leider nicht viel finden. Er patentierte und verkaufte gedrucktes Papier mit Karos. Was genau er patentierte, also z.B. wie genau das Papier aussah oder/und wie es hergestellt wurde, konnte ich nicht herausfinden.
Es war wohl (wie wir es erwarten würden) mit einem rechtwinkligen Koordinatennetz und verwendet wurde wohl der Name “coordinate paper”.
Es dauerte, bis kariertes Papier in die Schule kam, so wie wir es heute kennen.
Ein großer, einflussreicher Verfechter des Einsatzes von kariertem Papier zu Ausbildungszwecken war Eliakim Hastings Moore:
Seine Liebe zur Mathematik entwickelte E. H. Moore in der Highschool. Er studierte Mathematik und promovierte in Yale, kam dann aber für ein akademisches Jahr nach Deutschland. Im Laufe seiner Karriere leitete er von 1892 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1931 die Fakultät für Mathematik an der Universität von Chicago und war von 1901 - 1902 auch Präsident der American Mathematical Society. Er schrieb ausführlich über die Vorteile, Lernenden das Zeichnen von Kurven auf “squared lines”, also Karos, beizubringen.
Ich möchte auch eine coole Zeile aus einer Veröffentlichung in "Englands Neglect of Science" von John Perry aus dem Jahr 1900 teilen: “The practical engineer needs to use squared paper.” Perry war zu dieser Zeit Präsident der Institution für Elektroingenieure. Auch in der renommierten Zeitschrift “Nature” enthält seine Veröffentlichung mit dem Titel “The teaching of mathematics” einen Abschnitt zur Verwendung von kariertem Papier.
Und irgendwann hat es sich dann durchgesetzt. Viele Schulbücher werden ja jedes Jahr neu aufgelegt. So auch Algebra for Beginners von Hall und Knight. So kann man sehen, was wann Eingang in den Unterricht findet. Bis 1904 gab es keinen Raum für Graphen. Im Jahr 1906 wird dann auf dem Einband damit geworben, dass nun einfache Graphen enthalten sind – allerdings nur als Anhang. Und so blieb das auch bis 1928. In dem Vorwort von H.S. Hall wird betont, dass die Karos des karierten Papiers nicht zu klein sein dürften. Sie sollten guter Qualität sein und die Einteilung akkurat in Zoll und Zehntelzoll. Ab 1928 bekamen dann die Graphen einen besseren Platz.
Auch in anderen Schulbüchern findet man Kapitel zum Zeichnen auf kariertem Papier.
Ja und heute wird kariertes Papier auch in anderen Fächern genutzt ;-) Und man darf es auch mal wegwerfen und ein neues nehmen.
Du hast gesehen: von der ersten wissenschaftlichen Verwendung von so was ähnlichem wie Karos im Jahr 2.700 vor Christus bis zur Nutzung in Fächern wie Biologie vergingen viele Jahre. Es hat einige Verfechter gebraucht, aber von kariertem Papier fasziniert zu sein, war nicht schwer. Das hat Thomas Jefferson in seinem Brief an David Rittenhouse eindrücklich gezeigt. Wird etwas zum Massenprodukt wird es zum Glück in der Regel günstiger, so dass heute gilt: Ausradieren nicht mehr nötig.
Und sollte Dein Vorrat alle sein, dann druck Dir Dein kariertes Papier einfach nach.
Karierte Lineaturen bestehen aus einem gleichmäßigen Raster aus horizontalen und vertikalen Linien, wodurch eine Struktur aus kleinen Quadraten entsteht. Diese Kästchen dienen als Orientierungshilfe beim Schreiben, Rechnen, Zeichnen oder Anfertigen von Tabellen und Diagrammen.
Kästchengröße, Farbe, Linienstärke und Ränder können mit PapierVorlagen.de individuell angepasst werden.
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