„Mama, hast Du gehört?“
Kurz später, lauter und unzufriedend fordernd:
„Mama, hörst Du mich?!“
Upps… Das war auf unserer Rückreise von Norwegen. Ich als Beifahrerin an mein Handy gefesselt. Aber nicht etwa Social Media, ein Film oder so. Ich war vertieft in, halt Dich fest, in die Geschichte der Entstehung von kariertem Papier. Ich habe also an eigenem Leib zur Kenntnis nehmen müssen, dass man sich tatsächlich in Papier verlieben kann, selbst wenn es noch nicht einmal physisch ist.
Und die richtig coolen Sachen, die es rund ums Papier zu wissen gibt, habe ich nach mühseliger Recherchearbeit hier für Dich gebündelt. Prahl' doch bei Deinen Freunden mit Deinem neuen Wissen oder gib es an die nächste Generation weiter.
Als Special: Ein Paar der ganz besonderen Liebesgeschichten zum karierten Papier (ja Paar mit großem P). Die findest gleich hier oben verlinkt. Und dann geht's weiter mit Papier ohne Karos.
3 ½ unnütze Fakten für dein Pixelart-Hobby: Der Hype um kariertes Papier in Kunst und Design
Ganz einfach. Kennst Du vielleicht von Mathe: alles hat seine Definition. Und die Definition von Papier schließt Papyrus davon aus, ein Papier zu sein, auch wenn sich der Name Papier von papyrus ableitet.
Papyrus entsteht, indem längere Stücke der Stängel der Papyrusstauden von der Ringe befreit und dann in schmale Längssteifen geschnitten werden. Nachdem diese beklopft und bewässert sind, kann man diese Papyrusmarkstreifen aneinanderlegen und obendrauf eine Schicht quer. Werden diese zwei Schichten dann gepresst, verbinden sich die Streifen durch den Saft der Staude. Es ist dann also ein Laminat; weil Produkte, die aus zwei oder mehr Schichten bestehen, die flächig miteinander verklebt sind, Laminate sind. Nach dem Trocknen wird das Papyrus noch geglättet und dann kann es beschrieben werden.
Papier hingegen entsteht aus einer Suspension von Fasern. Eine Suspension ist ein Gemisch von einem Feststoff in einer Flüssigkeit. Also die Fasern, aus denen später das Blatt entsteht, schwimmen erst mal im Wasser. Dann kommen sie auf ein Sieb, zum Beispiel durch Schöpfen, das siehst Du später noch, wenn Du fleißig diese Seite durcharbeitest. Das Wasser läuft ab, dadurch verdichtet sich das Faservlies auf dem Sieb das erste Mal und durch das anschließende Trocknen das zweite Mal. Fertig ist das Papier.
Wie wir weiter unten sehen werden, ist Cellulose ein wichtiger, wenn nicht der Bestandteil von Papier. Was zumindest ich vor meiner Recherche für Dich gar nicht wusste: Zwischen den Cellulosemolekülen der Fasern bilden sich Wasserstoffbrücken. Das sind keine sogenannten kovalenten Bindungen, die z.B. zwei Atome wirklich miteinander zu Molekülen verbinden. Solche kovalenten Bindungen sind z.B. in der Strukturformel von Cellulose in der Abbildung, die gleich kommt, durch die schwarzen Striche gekennzeichnet, oder wenn wie bei OH die Abkürzungen der Atome direkt zusammenstehen. Übrigens, bei der Darstellung, die da gewählt sind, werden die Kohlenstoffatome gar nicht hingeschrieben. Sie sind einfach an den Kreuzungspunkten der Striche. Und bei dieser Darstellungsart lässt man dann auch die Wasserstoffatome, die kovalent mit den Kohlenstoffatomen verbunden sind, einfach ganz weg. Von der reinen Strukturformel unten rechts habe ich für Dich, wenn Du immer weiter nach links gehst, mehr Atome dargestellt, damit Du, wenn Du willst, die Strukturformel von Cellulose als Sesselmodell im Kugelmodell wiederentdecken kannst.
Im Gegensatz zu kovalenten Bindungen sind Wasserstoffbrücken viel schwächer. Sie entstehen durch unterschiedliche Elektronegativitäten der beteiligten Atome und sind eine Art ganz schwache Ionenbindung. Hier bilden sie sich zwischen Wasserstoff, der dann elektopositiv ist und Sauerstoff, der elektronegativ ist. In der Abbildung sind in dem Kugelmodell die Wasserstoffatome als weiße Kügelchen dargestellt, die Sauerstoffatome als Rote.
Echte Ionenbindungen haben wir z.B. in kristallinem Kochsalz. Und da weißt Du ja, dass Du selbst die problemlos wieder lösen kannst: denn wenn Du Nudeln kochst, schwimmen die Natrium-Ionen und Chlorid-Ionen alleine im Wasser. Da fühlen sich die Ionen wohl: durch den Dipolcharakter des Wassers, durch den letztlich auch die Wasserstoffbrücken zustande kommen. Obwohl oder gerade weil jede einzelne Wasserstoffbrückenbindung für sich genommen schwach ist, sind Wasserstoffbrücken total essentiell – eigentlich überall, selbst bei dem, was uns maßgeblich ausmacht, unserer DNA bzw. auf Deutsch unserem Erbgut der DNS.
Gesucht, gefunden. Wenn's doch immer so einfach wäre. Den Erfinder des karierten Papiers konnte ich nicht eindeutig ausfindig machen. Beim Papier allgemein hat man es sich einfach gemacht und einfach einen Erfinder festgelegt, OBWOHL man Indizien hat, dass es Papier auch schon davor gab. Aber jetzt spanne ich Dich nicht erst einmal wie ein Papier zum Trocken auf, sonders verrate Dir den offiziellen Erfinder:
蔡倫 / 蔡伦
Alles klar?! Falls Dir die erste traditionelle Schreibweise zu kompliziert ist, habe ich extra noch die vereinfachte dazugepackt...
Na gut, Du willst mit der Antwort ja was anfangen können: Cai Lun (Cài Lún) so zumindest in Pinyin (der Wiedergabe des Hochchinesischen als lateinische Schriftzeichen), sonst auch mal Ts'ai Lun geschrieben (Transkription in Wade-Giles).
Und wie hat er sich selbst genannt oder wurde er genannt: Jìngzhòng (敬仲). Man könnte das auch als seinen weltlichen Namen bezeichnen.
Cai Lun lebte in der Han Dynastie. Er wurde wahrscheinlich zwischen 50 und 62 nach Christus in der chinesischen Stadt Leiyang geboren und hat bis 121 nach Christus gelebt. Genauer hat er 121 einen Selbstmord begangen, da er aufgrund von Verstrickungen in Intrigen am Kaiserhof die Verurteilung zu Tode erwartete.
Er kam im Jahr 75 nach Christus an den chinesischen Kaiserhof und arbeitete zunächst als Kammerherr und Bote. Aufgrund seines Verdiensts für Herzogin Dou stieg er auf (so wie ich das verstanden habe, sind damit die Intrigen gemeint, die ihn später zum Selbstmord brachten: er musste Kaiserin Jingyin (Gemalin Song) verhören und in der Folge kam es zu einem Wechsel der Thronfolge). Er wurde im Jahr 88 nach Christus, als Kaiser He den Thron bestieg, sowohl politischer Berater des Kaisers als auch Beamter der Behörde für die Fertigung von Instrumenten und Waffen (die genaue Position heißt auf Chinesisch "Shangfang Ling".
Er war ein Eunuch und somit kastriert, was es ihm überhaupt ermöglichte, am Kaiserhof die Beraterposition, auf chinesisch "Zhongchang shi", einzunehmen.
Er machte am Kaiserhof weiter Karriere, natürlich fällt in diese Zeit auch seine Erfindung. Dazu mehr im nächsten Abschnitt. 114 nach Christus wurde er als Dank für seine Dienste zum Marquis ernannt und Lehnsherr des kleinen Dorfs Longting.
Nach seinem Tod geriet Cai Lun erst mal in Vergessenheit, wurde dann aber wiederentdeckt und verehrt. Dies spiegelt sich auch heute noch wieder:
Wenn Du gerade den Abschnitt gelesen hast, wer Papier erfunden hat, so weißt Du schon. Das ist eine Definitionssache.
Und wenn man Cai Lun als Erfinder des Papiers sieht, dann gilt als Datum der Erfindung von Papier etwa das Jahr 105 nach Christus. Cai Lun hat dann öffentlich erklärt, dass er eine neue Zusammensetzung und eine neue Herstellungsmethode für Papier hat.
Durch dieses neue Verfahren ist es gelungen, dass Papier sich durchgesetzt hat. Es waren also so zentrale Aspekte, dass Cai Lun als Erfinder des Papiers gilt, obwohl es sich eigentlich um Verbesserungen eines bestehenden Prozesses handelten.
Wie bereits oben erwähnt könnte man Cai Lun als Erfinder der Papiers in Frage stellen. Tut man das mal nicht, wurde Papier am Kaiserhof in China erfunden. Aber auch die älteren Funde aus dem 3 Jahrhundert vor Christus stammen aus China.
Nun hast Du also nicht nur herausgefunden, wo, wann und durch wen Papier erfunden wurde, sondern auch, was Papier eigentlich ausmacht und von Papyrus unterscheidet. Also nicht nur als Din-Größe: Papier hat Format.
Du hast schon Din A4 Kopierpapier und willst was drauf drucken, um dann weiter mit Stiften damit zu hantieren? Dann suche Dir doch eine Druckvorlage aus.
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